Intensivtierhaltung – wo Persönlichkeiten nur Produkte sind
Jährlich sterben alleine in Deutschland über 600 Millionen Hühner, etwa 60 Millionen Schweine, 38 Millionen Puten, 25 Millionen Enten, über 3 Millionen Rinder, sowie zahlreiche andere Landtiere (1). Die meisten davon leben ihr kurzes Leben in Intensivtierhaltungen – mittlerweile auch viele Fische.
Von Seiten der Industrie wird mit Tierwohl geworben, doch die Realität sieht oft anders aus. Hier zählt das Individuum nichts, sondern einzig und allein der Gewinn. Immer wieder belegen das Recherchen diverser Organisationen. 98 Prozent des heute in Deutschland verzehrten Fleisches (besser: der getöteten Tiere) stammt aus Intensivtierhaltungen.
Schweinehaltung
Mit oft hunderten oder tausenden Artgenossen leben Mastschweine in geschlossenen Ställen, die überwiegend mit Vollspaltenböden ausgestattet sind. Stroh oder Einstreu kommt da nur selten zum Einsatz. Dabei steht dem einzelnen Schwein bei einem Körpergewicht von 50–110 kg eine Mindestbodenfläche von 0,75 m², bei über 110 kg sogar ein ganzer Quadratmeter Platz zur Verfügung.
Durch die Enge und Monotonie kommt es dann häufig zu Verhaltensstörungen wie z. B. Schwanz- und Ohrenbeißen, bis hin zum Kannibalismus. Deshalb werden den Schweinen als Ferkel – oft sogar ohne Betäubung – die Schwänze kupiert. Männliche Ferkel werden zusätzlich kastriert – auch oft ohne Betäubung – damit ihr Fleisch später (angeblich) nicht unangenehm schmeckt.
Nach ca. 6 Monaten haben die meisten Schweine dann ein Gewicht von 110–125 kg erreicht und es geht ab zum Schlachter. Da sind sie aber immer noch – auf ihre Lebenserwartung gerechnet – im Kindesalter, denn Schweine sind erst mit vier Jahren erwachsen. Nun geht es auf den Tiertransport. Das einzige Mal, dass sie vielleicht die Sonne sehen und frische Luft schnuppern können. Und egal ob Bio oder nicht, im Schlachthof sind dann alle Tiere gleich – verängstigt und gequält.
Der Betreiber dieser Anlage wurde über Monate hinweg mehrmals angezeigt. Laut Veterinäramt waren jedoch keine Mängel festzustellen.
2012 gab die Bundesregierung zu: „Wissenschaftliche Erhebungen zeigen jedoch, dass durchschnittlich eines von 100 Schweinen beim Schlachten nicht ordnungsgemäß entblutet wird und vor dem Brühtunnel noch Anzeichen für Empfindungs- und Wahrnehmungsvermögen (Reflexe, Atmung, Vokalisation) zeigen (u. a. Schütte und Bostelmann (2001), Troeger et. al. (2005), Troeger und Meiler (2006)). Bei der Betäubung von Geflügel mittels Elektro-Wasserbad besteht die Gefahr, dass die kopfüber aufgehängten zappelnden Tiere nicht eintauchen und so nicht ausreichend betäubt werden. Auch bei Rindern verfehlt der zur Betäubung vorgesehene Bolzenschuss Analysen des Max Rubner-Instituts Kulmbach zufolge jährlich bei ca. 200 000 Tieren das Ziel, so dass die Tiere noch bei Bewusstsein in die Schlachtung gelangen.“ (2)
Geflügel
Knapp 72% der Hühner in Deutschland leben in Betrieben mit 50.000 Artgenossen – oder mehr (3). Da drängen sich pro Quadratmeter schon mal bis zu 26 Tiere! Noch belastender ist da aber die rasche Zunahme von Gewicht. Beim Schlüpfen wiegt ein Küken etwa 42 g, nach drei Tagen das Doppelte, nach einer Woche das Fünffache und nach 35 Tagen – im schlachtreifen Alter – rund 1,6 kg (4). Oft brechen die Tiere deshalb unter ihrem Gewicht zusammen.
In den wenigen Wochen, in denen Masthühner leben, treten Herz-Kreislauf-Versagen, Wirbelsäulenverkrümmungen, Brustblasen, Verätzungen an den Fußballen und noch weitere Krankheiten auf. Da ist es auch kein Wunder, dass während dieser Zeit schon 3–5 % der Tiere sterben (5).
Zwar gibt es unterschiedliche Haltungsformen, doch unter jeder leiden die Tiere massiv. Auch in Boden- oder Freilandhaltung. Und egal ob für die Eier- oder die Fleischgewinnung.
An dieser Stelle wollen wir auch mal bewusst keine Zahlen zu Legehennen nennen, wie viele in welcher Haltungsform „leben“ und wo die Tiere vielleicht ein paar cm² mehr Platz haben. Das würde den Rahmen hier sprengen, könnt ihr aber natürlich selbst recherchieren (6). Aber das solltet ihr wissen: Nirgends herrscht Idylle. Außerdem sind die Tiere massiv überzüchtet, wodurch sie im ersten Jahr (länger leben sie meistens nämlich nicht) etwa 300 Eier (!) legen – was zu schwerwiegenden Krankheiten und oft zum frühen Tod führt.
Und egal ob in Kleingruppen-, Boden-, Freiland-, und/oder Biohaltung: männliche Küken legen nun mal keine Eier und werden daher schon am ersten Tag getötet. Durch Gas oder im Schredder.
Puten und anderem Geflügel ergeht es auch nicht besser.
Rinder
Milchkühe leiden besonders unter der intensiven Nutzung. Damit sie Milch produzieren, müssen sie vorher ein Kalb zur Welt bringen. Dieses wird ihnen aber schon kurz nach der Geburt entrissen. Weibliche Kälber erwartet das gleiche Schicksal wie ihre Mutter, männliche Kälber landen nach kurzer Zeit beim Schlachter. Für die Mutterkühe ist das sehr schmerzhaft und sie brüllen oft noch Tage lang nach ihren Kälbern. Kurz nach der Geburt wird die Mutterkuh dann aber schon wieder künstlich befruchtet um die Milchleistung am Maximum zu halten. Bei Hochleistungskühen sind das in der Regel 50 (!) Liter am Tag.
Viele werden mittlerweile als Kälber enthornt, damit es aufgrund der hohen Besatzdichten nicht zu Verletzungen kommt. Hat eine Milchkuh dann ausgedient – meist nach 4–5 Jahren – erwartet auch sie der frühe Tod beim Schlachter.
Was uns Unternehmen weiß machen wollen und was auf vielen Verpackungen zu sehen ist, ist leider nur selten der Fall. Die meisten Milchkühe verbringen ihr Leben in Ställen und oft im Dreck. Anbindehaltung ist da auch keine Seltenheit.
Fische
Die Meere werden schonungslos geplündert, deshalb werden immer mehr Fische in Aquakulturen gehalten. Seit 1970 wächst der Bereich Aquakultur um durchschnittlich 8,8 % pro Jahr und ist damit der am schnellsten wachsende Sektor tierischer Nahrungsmittel. Etwa 64 Millionen Tonnen Fisch sowie Krebs- und Weichtiere werden inzwischen in Meeres- und Süßwasserzuchten gemästet. (7)
Aber das ist kein positiver Trend! Wie in der Landwirtschaft wird auch hier auf schnelles Wachstum gesetzt, was stark zu Lasten der Tiere geht. Hormone und Ausscheidungen zerstören nebenher ganze Ökosysteme.
Und die Folgen dieses Irrsinns – neben dem Leid der Tiere?
- Für billige Futtermittel (z. b. Gen-Soja) wird massiv der Amazonas-Regenwald abgeholzt (8). Das führt auch zu Menschenrechtsverletzungen – Indigene Völker werden oft einfach vertrieben.
- Weltweit hungern etwa 1 Milliarde Menschen. Jede Sekunde stirbt auf diesem Planeten ein Mensch an Hunger, 30 Millionen Menschen im Jahr. Täglich sterben zwischen 6.000 und 43.000 Kinder an Hunger, während ca. 40 % der weltweit gefangenen Fische, ca. 50 % der weltweiten Getreideernte und ca. 90 % der weltweiten Sojaernte an die „Nutztiere“ der Fleisch- und Milchindustrie verfüttert werden. Für die Erzeugung von nur 1 kg Fleisch sind je nach Tierart bis zu 16 kg pflanzlicher Nahrung und 10 – 20 Tonnen (10.000 – 20.000 Liter!) Wasser notwendig. (9)
- Das WorldWatch Institute kam 2009 zu dem Schluss: Der Konsum von Fleisch, Milch und Eiern ist für mindestens 51 % der weltweiten von Menschen ausgelösten Treibhausgasemissionen verantwortlich. (10)
- Industrielle Tierhaltung führt zu Gülleüberschuss. (11)
- Die Weltmeere werden massiv über- und leergefischt.
Wie weiter?
Auf das eigene Herz hören, den Verstand benutzen und vegan leben.
Quellen
(1) Fleischatlas 2014 (Seite 21) http://www.bund.net/fleischatlas
(2) http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/100/1710021.pdf
(3) http://berichte.bmelv-statistik.de/SJT-3102200-2010.pdf
(4) http://www.geo.de/GEO/natur/oekologie/lebensmittelproduktion-massentierhaltung-herzinfarkt-auf-dem-bauernhof-72736.html
(5) http://albert-schweitzer-stiftung.de/massentierhaltung/masthuehner
(6) http://albert-schweitzer-stiftung.de/massentierhaltung/legehennen
(7) http://albert-schweitzer-stiftung.de/massentierhaltung/fische-aquakultur
(8) http://www.abenteuer-regenwald.de/bedrohungen/fleisch
(9) http://www.provegan.info/de/vegan/fuer-menschenrechte/
(10) http://www.worldwatch.org/files/pdf/Livestock%20and%20Climate%20Change.pdf
(11) Fleischatlas 2014 (Seite 27) http://www.bund.net/fleischatlas
Stand: Juli 2014